Learn to live with fire

Wer wir sind.

Pyrocene Alliance ist eine nichtstaatliche, gemeinnützige Organisation. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, weltweit Akteure zu vernetzen, die sich mit Vegetationsbränden beschäftigen oder von diesen betroffen sind. Wir sind daran interessiert, pragmatische Lösungen für das zunehmend unausgewogene  Verhältnis von Mensch und Feuer in unserem gemeinsamen Zuhause – der Natur – zu finden.
Wir sind Waldbrandbekämpfer, Feuerökologen, Brandmanager, Grundbesitzer und Forstleute. Uns eint die Überzeugung, dass wir Zeugen einer Ära systemischer Veränderungen in der Natur sind, die zunehmend durch Feuer in der Landschaft geprägt und beeinflusst werden.
Wir haben Erfahrungen in den Torfgebieten Indonesiens, in der sibirischen Taiga, in den Heidelandschaften Norddeutschlands, in Südafrika und Portugal sammeln und uns mit Kollegen aus aller Welt vernetzen dürfen. 
Die Erkenntnis, die wir daraus gewonnen haben, ist das Feuer in der Landschaft in Zeiten des Klimawandels ein sich  dynamisierender Prozess ist, der das Leben der Menschen und die Umwelt in immer stärkerem Maße beeinflusst. Angesichts dieses dynamischen Prozesses sind wir (alle) angehalten, 
mehr und schneller über die Zusammenhänge zu lernen, diese zu erforschen, nach vorne zu schauen und vorherzusagen, welche zukünftige Rolle Feuer in der Natur spielt und welchen Platz es in der Natur haben wird.

Und was noch wichtiger ist: Wir möchten herausfinden, wie sich die Menschheit an die neue Realität des Pyrozän anpassen kann und wie wir mit dem Feuer co-existieren können. Denn eines zeichnet sich bereits jetzt mehr als deutlich ab: je mehr wir versuchen, das Feuer aus der Natur zu verbannen, umso größer und katastrophaler werden die Auswirkungen von Vegetationsbränden.


 Unser Team


 Anton "Benny" Beneslavskiy

 

Anton „Benny“ Beneslavskiy wurde 1977 in Moskau geboren. Nach dem Jurastudium wer er 12 Jahre lang als Anwalt tätig, bevor er sich beruflich dem Umweltschutz widmete und sich auf Wald- und Waldbrandthemen spezialisierte. Anton war leitender Kampagnenleiter und Projektleiter für die Waldbrandkampagnen von Greenpeace  in Russland. Er war zertifizierter Einsatzleiter (für Waldbrände), leitender Ausbilder für freiwillige Feuerwehrleute sowie Berater für Kapazitätsentwicklung für die Reaktion auf Klimanotfälle für Greenpeace International.
Anton ist Co-Autor des von Greenpeace Russland und „Aviolesookhrana“ (Russische Smokejumpers) herausgegebenen "Wildland Volunteer Firefighter Guide".
Nach seinem Ausscheiden bei Greenpeace im Jahr 2020 war er als freier Berater zur Brandverhütung und -bekämpfung in Naturschutzgebieten in Russland, Kasachstan und Turkmenistan tätig. Zudem schult er freiwillige Waldbrandbekämpfer in Indonesien.

 

Michael Herrmann


Michael Herrmann wurde 1971 in Lüchow (Deutschland) geboren. Als 4-Jähriger war er Zeuge der verheerenden Waldbrände in Niedersachsen im Jahr 1975 – eine Erfahrung, die ihn bis heute begleitet – und die den Anstoß dazu gab, sich intensiv mit dem Thema "Vegetationsbrand" zu beschäftigen. Michael studierte Jura und arbeitete als Anwalt, bevor er zum Vorsitzenden Richter am Landgericht ernannt wurde. Seit Anfang der 1990er Jahre war er ehrenamtlich beim Technischen Hilfswerk (THW) und der Freiwilligen Feuerwehr sowie für die Nichtregierungsorganisationen „ForestFireWatch“ und „Waldbrandteam“ tätig. Er ist auf Waldbrandbekämpfung und den kontrollierten Feuereinsatz spezialisiert und als Trainer und Berater für Feuerwehr, Forstdienst sowie als "Burn Boss" für den Naturschutz tätig. Michael ist (Co-)Autor mehrerer Artikel und eines Handbuchs zum Thema Waldbrandbekämpfung.


 

Feuer: Warum es eine wichtige Rolle in der Natur spielt

Feuer war und ist ein integraler Bestandteil vieler Ökosysteme. Und das schon lange bevor die Menschheit gelernt hatte, Feuer zu nutzen. Feuer prägt Landschaften schon etwa 420–430 Millionen Jahre lang – von den ersten nachgewiesenen Bränden im Obersilur bis heute. Als die Menschen lernten, Feuer zu nutzen, nutzten sie es auch dort, wo es nicht Teil des Ökosystems war, oder in einem Ausmaß, das weit über das vorherrschende Feuerregime hinausging. 
Sobald die Menschen lernten, Feuer zu nutzen, begannen sie, es zur Gestaltung der Landschaft um sie herum zu einzusetzen. Brandrodung ist auch heute noch weit verbreitet. Das Aussterben der Megafauna wurde in einigen Fällen durch den Einsatz von Feuer verursacht. Dies veränderte die Feuerdynamik in den betroffenen Landschaften selbst, indem zunehmend verheerendere Brände auftraten, die zuvor durch Beweidung verhindert wurden. Dies ist nur ein Beispiel für die Komplexität der menschlichen Beziehung zu Feuer.
Aber nicht nur die menschliche Nutzung von Feuer hat die Dynamiken in der Landschaft verändert, sondern auch die zunehmende Bekämpfung von Feuer in der Landschaft mit Beginn der Industrialisierung.  Die seit Angang des 20. Jahrhunderts vorherrschende „Null-Feuer“-Doktrin mit aggressiver Bekämpfung eines jeden Vegetationsbrandes in einigen Teilen der Welt hatte eine extreme und unnatürliche Ansammlung von zündfähiger Vegetation und verheerende Bränden in Ökosystemen zur Folge, in denen zuvor nur selten Brände und solche von niedriger Intensität auftraten.
Ganz gleich, wie wir das Feuerregime beeinflussen – indem wir Feuer entfachen oder unterdrücken – wir greifen in ein Feuerregime und damit in ein Ökosystem ein. Und sobald wir das Feuerregime eines bestimmten Ökosystems beeinflussen, reagiert das Ökosystem und verändert sich entsprechend.
Stephen J. Pyne führt in seinem Buch „The Pyrocene: How We Created an Age of Fire, and What Happens Next“ aus: "Die Summe unserer Feuerpraktiken führt ins in das Zeitalter des Feuers. Die menschliche Fähigkeit, das Feuer zu nutzen, ist eine primäre ökologische Signatur des Menschen."
Wir können feststellen: Klimawandel, exponentielles Wachstum vom Menschen genutzter Landschaften, der zunehmende Verlust der Artenvielfalt und andere Faktoren erfordern ein Umdenken in unserem Umgang mit der Natur, mit Feuer und mit Feuer in der Landschaft.
Die Menschen werden nicht aufhören, das Feuer zu nutzen. Auch ein Verbot der Nutzung ist wenig zielführend und kaum durchsetzbar – das ist eine Realität, die es anzuerkennen gilt. Aber es gibt immer einen besseren, verantwortungsvolleren und nachhaltigeren Weg. Und wir wollen ihn finden - passend zum jeweiligen Ökosystem. Schauen wir uns einige von ihnen an.

 

 

Moore

Moore sind besonders verwundbar durch Brände.
Grund hierfür ist die Kombination aus leicht entflammbarem Material, Anfälligkeit für Austrocknung und Schwierigkeiten bei der Brandbekämpfung.
Brände in Moorkörpern haben schwerwiegende ökologische Folgen - von der Emission erheblicher Mengen von Treibhausgasen bis hin zur vollständigen Zerstörung des Moorkörpers (und dessen Ausfall als Kohlenstoffspeicher).

Heideflächen

Heidelandschaften sind an Feuer angepasst:
Heideökosysteme haben sich mit dem Feuer entwickelt. Feuer spielt daher eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung ihrer Struktur, Funktion und Artenvielfalt. Maßnahmen wie kontrollierte Brände können dazu beitragen, die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit von Heideökosystemen zu erhalten und gleichzeitig das Risiko katastrophaler Brände zu minimieren. Auch ist Feuer zum Erhalt bestimmter Arten unerlässlich.

Wälder

Feuer kann in Wäldern nützlich sein, wenn es in der richtigen Häufigkeit, Intensität und unter geeigneten Bedingungen auftritt. Das hängt jedoch auch von der Art und Beschaffenheit des Waldes ab.
Es ist jedoch wichtig, Feuer sorgfältig zu handhaben und seine potenziellen Risiken für menschliche Siedlungen, Infrastruktur und Luftqualität zu berücksichtigen. Und nicht jeder Wald verträgt Feuer. Und dennoch werden wir erleben, dass auch Waldstrukturen sich ändern werden.


 








Überdenken, Wiedererlernen, Anpassen, Transformieren


Unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit sind Nutzen und Last zugleich. Bisherige "Wahrheiten" unterliegen wie die Dynamik der Prozesse selbst einem teils schnellen Wandel. Während einige Brandschutzexperten kontrollierte Brände als „Wundermittel“ der Brandverhütung betrachten, fordern andere nach wie vor jedes Feuer aus der Landschaft auszuschließen. Wir glauben jedoch, dass jedes Ökosystem seine eigene einzigartige Lösung erfordert. Und obwohl von verschiedenen Interessengruppen unter denselben Bedingungen und unter demselben Feuerregime unterschiedliche Lösungen als "die Beste" angesehen werden.
Was brauchen wir wirklich, um uns auf das Zeitalter des Feuers vorzubereiten?
Wir müssen miteinander reden und gemeinsam die bestmögliche Lösung für das jeweilige System entwickeln. Wir müssen die Gräben zwischen Anwohnern, Feuerwehrleuten, Brandschutzmanagern, Behörden und Umweltschützern überwinden. Wir werden Kompromisse eingehen müssen - und wir müssen Pragmatismus vor Ideologie setzen.
Wir müssen (wieder) lernen mit dem Feuer zu leben, als wüssten wir nichts. Und dann neu bewerten, was wir vorher wussten.